Vis-à-vis zu See und Schlössern

Daniel Dalla Corte • Feb. 28, 2024

Die Villa „Vista sul Lago“ gewährt aus ihren frisch renovierten Innenräumen einen fürstlichen Rundumblick

Erhaben auf einem Hügel des Schweizer Seerückens, mit Aussicht auf den Untersee, wurde eine Villa renoviert, deren innere Werte nun in neuem Glanz erstrahlen. Das Haus inmitten der Schlösser Arenenberg, Salenstein und Louisenberg stammt aus den 1970er-Jahren.

Die neuen Hausbesitzer mussten außen nur wenig verändern, doch das Innere erforderte eine aufwändige Neugestaltung. Und die hatte es wortwörtlich in sich.


Vielleicht hätte Michael Leuzinger die Gelegenheit gar nicht ergriffen, geschweige denn gesucht, hätte man nicht angrenzend ans Grundstück seines Wohnsitzes ein größeres Mehrfamilienhaus geplant. Rückblickend darf er für den dadurch ausgelösten Impuls dankbar sein: Zufällig stand genau zu diesem Zeitpunkt in bester Lage eine Villa mit rund 230 Quadratmetern Nutzfläche auf einem größeren Grundstück zum Verkauf – eine Gelegenheit, die sich in Seenähe nur selten bietet.


Der spontan Begeisterte handelte rasch, sonst hätte es sich der alte Eigentümer vielleicht noch mal anders überlegt. Von der Substanz her gab es am Gebäude kaum etwas zu bemängeln, lediglich für die Außenfassade war ein neuer Anstrich vorzusehen – mit von der Gemeinde abzustimmender Farbgebung. Auch die Gartenanlage beanspruchte außer intensiven Pflegearbeiten nur wenige andere Maßnahmen, deren aufwändigste das Ersetzen der alten Transportbahn war.


Der neue Hochlift kann nun Personen und andere Lasten von der Straße zum Haus hochbefördern und ist keineswegs ein Luxusmerkmal, sondern dem extrem steilen Gelände geschuldet. Der eigentliche Aufwand beim Renovieren entstand dagegen im Innenbereich: Neue Fenster, Böden, Bäder und mehrere Umbaumaßnahmen waren erforderlich, um den Wohnwert aufs heutige Niveau zu heben. Auf Empfehlung zog man als Partner das Büro Dalla Corte + Völkle Architekten aus Ermatingen hinzu. Projektleiter Thomas Sachs (35) beschreibt die Planung und Zusammenarbeit mit den Hausbesitzern als „einen Prozess der Annäherung, der harmonisch und zügig verlief“. „Wir haben die Lösungen gemeinsam gefunden“, berichten Michael Leuzinger (56) und Ehefrau Susanne (52). Ein Eckpunkt dabei: die Modernisierung des Küchen-/Bistrobereichs im Erdgeschoss, dessen in die Jahre gekommenes, an einen Marktstand erinnerndes Design abgelöst wurde. Inzwischen dominieren klare Linien mit geradlinigem Fugenbild die neu eingerichtete Bistrotheke und den nach unten versetzten Zubereitungsbereich.


Die Arbeitsfläche besteht aus einer Keramikabdeckung. All das ergibt ein aufgeräumtes Erscheinungsbild, wozu beiträgt, dass ein Gutteil des Stauraums im Unterbau der Theke versteckt ist. Spektakulär ist die Sicht aus dem angrenzenden Wohnbereich: Sie reicht über weite Teile des Untersees bis in den Hegau hinein, nach Osten hin nach Konstanz, nach Süden ist Schloss Salenstein zu bewundern. Diesen Aussichten passt sich der Grundriss reihum über mehrere Ecken an, der großzügig angelegte Innenraum wird so zu einem Rondell. Dominierendes Element darin ist das zentrale Cheminée mit Kamin. Er spielt nicht nur optisch eine tragende Rolle, sondern fungiert als tragende Stütze für die Dachkonstruktion. Tannenbalken führen im Raum nach oben und treffen sich am Kamin in einer Höhe von 7,5 Metern. Das Gebälk musste sandgestrahlt werden. Wer den Raum erstmals betritt, ist überrascht vom unkonventionellen Raumeindruck, den diese Art von Zeltform in Fachwerkausführung vermittelt. Das Cheminée war schon vor der Renovierung vorhanden, lediglich sein früherer Funkenvorhang wurde zeitgemäß durch eine Verglasung ersetzt. Neues Fensterglas steckt in allen 32 jetzt dreifach verglasten Fenstern des Hauses.


Mit Renovationsfenstern der 4B AG konnten sie schonend erneuert werden, denn dabei verbleibt der alte Rahmen im Mauerwerk. Er wird so vorbereitet, dass sich von innen ein neuer Rahmen einsetzen lässt. Laut Architekt Sachs, der das Umbauprojekt geleitet hat, hat das einen großen Vorteil: „Auf diese Weise entstehen keine Beschädigungen an den Bauteilübergängen; wir können neueste Fenstertechnik verwenden und ermöglichen aktuelle Standards bezüglich Energie und Einbruchschutz.“ Praktisch auch: Die vorhandenen elektrisch betriebenen Lamellenstoren lassen sich – nach einer allerdings aufwändigen Wartung – weiter betreiben. Zum Einsatz kommt der Sonnenschutz selten, ist es doch der freie Ausblick, den die Familie sucht, wenn sie vor Ort ist. Genießen lässt er sich etwa vom großen Esstisch aus, der von der Firma Tossa aus der Klosterschreinerei Fischingen stammt. Dazu passen Stühle von Vitra mit einer klassischen Form aus den 1920er-Jahren. Auch von der gemütlichen italienischen Sofaecke (Sofa Adda von Flexform) lässt sich auf den See und in den Hegau blicken.


Sie ist Teil des Möbel- und Beleuchtungskonzepts, das Brenner Inneneinrichtungen aus dem nahen Wil erstellt und umgesetzt hat, während Kücheneinrichtung und Badmöbel von Schreiner Sauter aus Tägerwilen gefertigt wurden. Aufwändig war das Renovieren der Böden. Ausgangszustand waren gemischte Beläge, von Teppich über Keramikfliesen bis hin zu ZweistabBuchenparkett aus den 70er-Jahren. Jetzt liegt einheitlich ein über mehrere Ebenen verlegter handgebürsteter Eichenboden, trotz größerem Versatz wirkt alles wie aus einem Guss. Nicht ohne Stolz erläutert Hausbesitzer Leuzinger, dass das Parkett so präzise auf Gehrung gesägt ist, dass sich ein üblicher Alu- oder Stahlabschluss erübrigt hat. Schreiner Sauter hat das Werk vollbracht. Vom Küchen-Wohn-Relax-Bereich führt eine Treppe eine Ebene höher zum Elternschlafzimmer mit direkt angrenzendem Bad. Hier oben wurde eine vorherige zusätzliche Galerie-Ebene zugunsten eines großzügigeren Raumvolumens demontiert. Großzügig ausgebaut ist auch das Bad mit WC, dessen Boden und Wände mit anthrazitfarbenen Steinfliesen ausgestattet sind.


Die Decke wurde ebenfalls dunkel gestaltet, um den Rückzugscharakter des Raums zu verstärken, wozu auch dezentes Licht beiträgt – das Bad wird zur Wohlfühloase. Alle Bad-WC Bereiche im Haus, – es gibt zwei weitere –, hat das Architekturbüro gestaltet, auch die auf den Eichenboden abgestimmten Badmöbel, die nach Maß gefertigt sind. Zum Untergeschoss gelangt man über eine Zwischenebene. Hinter einer Möbelwand versteckt, befindet sich hier die Lüftungstechnik. Sie sorgt für Zuluft in Bädern und am Cheminée.


Zudem ist von hier aus der Weinkeller zugänglich, den eine schmucke, handgeschmiedete Tür ziert. Dahinter verbirgt sich ein kleines Geheimnis: Bergseitig präsentiert sich der nackte Molassesandstein des Seerückens als Kellerwand – sozusagen Natur pur, ein geologisches Anschauungsbeispiel im Verborgenen. Eine Treppe führt vollends ins Untergeschoss, wo die Zimmerwände so verändert wurden, dass der Flur nun symmetrisch ist. Tochter Laura und Sohn Levin haben hier ihre Zimmer und ihr eigenes Bad. Bei dessen Umbau musste Asbest entfernt werden, jetzt ist es im gleichen Stil wie oben eingerichtet. Im Untergeschoss befindet sich auch der Technikraum mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe.


Sie liefert Warmwasser für die weiter nutzbare Fußbodenheizung, die nur zu ergänzen war. Einer Kesselsteinbildung beugt die Enthärtungsanlage vor. Sie senkt den Härtegrad des Brauchwassers von 33 fH° auf 3 fH° – aus kalkhaltigem, hartem wird weiches Wasser. In Sachen Hauselektrik war eine komplette Erneuerung notwendig. Heute, da alle Arbeiten abgeschlossen sind, resümiert Thomas Sachs für Dalla Corte+Völkle Architekten: „Viele bauliche und handwerkliche Arbeiten gingen Hand in Hand. Oft waren verschiedene Gewerke im Haus – ein Vorteil, der eine gute Abstimmung ermöglicht.“ Am erfolgreichen Gelingen werden sich die Hausbesitzer in der warmen Jahreszeit außer in der Wohnung auch im Außenbereich erfreuen: Von der Küche sind es nur wenige Meter zum überdachten Sitzplatz im Freien, wo man die geniale Aussicht mit einer chinesischen Reiterfigur teilt.


Einen neuen Hochsitz oberhalb des Hauses hat Gartenbau Fahrion aus Kreuzlingen errichtet. Nicht nur hier, mit freiem Blick auf den Untersee und umgeben von den Schlössern rund um Salenstein, darf sich die Familie nun selbst wie im eigenen Schloss zu Hause fühlen.




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